Wanderwoche 2016

Saulgrub - vom 03. bis 10.September
ein Bericht von Silvia Schäfer

Bilder von Brigitte Ender (Zum Vergrößern einfach auf das Bild klicken)

Dass die "Pitschedabber" sich nicht damit begnügen, 5 oder 6 mal im Jahr im Großraum Main-Kinzig-Kreis zu wandern, ist schon bekannt. Einmal im Jahr müssen sie auch mal eine andere Luft schnuppern und begeben sich für eine Woche auf große Fahrt.
Diesmal war das Ziel Saulgrub, das in etwa 900 m Höhe im Ammertal - Kreis Garmisch-Partenkirchen liegt.
Etwas außerhalb dieses kleinen Dörfchens findet man die Kur- und Begegnungsstätte "Aura-Hotel" Saulgrub .
Dort können Blinde und Sehbehinderte völlig selbstständig Urlaub, Wellness, Reha-Kur oder auch verschiedene Fortbildungen machen.
Das Haus ist so ausgestattet, dass sich jeder nach einer kleinen Einweisung zurechtfindet und das überaus herzliche Personal ist immer bereit, Unterstützung zu geben, wenn dies nötig ist.
Am 03. September war es nun endlich soweit und 20 Pitschedabber machten sich auf den Weg zum Aura-Hotel.
Einer konnte es gar nicht erwarten und fuhr schon eine Woche früher dorthin. Zwei nahmen das Auto, aber die restlichen 18 kamen mit dem Zug und erreichten das Hotel gegen 14:30.

die Gruppe wartet am Hanauer Hauptbahnhof auf den Regionalzug nach Aschaffenburg, um dort in den ICE nach Munau zu steigen im ICE, vorne Rotraut und Marc im ICE vorne Christine, dahinter Sylvia und Manfred


Nachdem die Zimmer verteilt waren, hatte jeder nur kurz Zeit, sich zu erholen, denn um 15 Uhr wollten wir uns bereits im Foyer treffen, um Organisatorisches zu besprechen, eine kleine Hausführung zu machen und vor allem, um unseren ersten Spaziergang in der näheren Umgebung anzugehen. Das war nach vielen Stunden Sitzen im Zug für alle - besonders für unseren vierbeinigen Begleiter Blaze - eine wahre Wohltat.
Danach hatten wir noch genügend Zeit zum Koffer-Auspacken und etwas Relaxen, bevor wir dann ziemlich ausgehungert das erste Mal die hervorragende Küche des Hotels genießen durften.
Im "Bierstüberl" kam man abends nochmal auf den einen oder anderen Schlummertrunk zusammen, aber die meisten zogen sich dann doch früh zurück, denn schließlich galt es, am nächsten Tag für die erste Wanderung fit zu sein.

Blindenhund Blaze, ein schwarzer Labrador Wanderer, vorne Werner, Renate, dahinter Ingris S,, Heinrich, Silvia, Marc Wanderer auf der "Enzianwiese, vorne Ingrid, Silvis Wanderer vorne Ede, Christine, Klaus, Ingrid K. Blick auf das Früstücksbuffet Blick in den Speisesaal des Aura-Hotels im Bierstüberl, vorne Silvia, Christine, Wilfried, Josef, hinten Günther, Ingris S. u.a. im Bierstüberl, Heinrich, Marc, Ingrid K., Gaby, Ede u.a,

Um 10 Uhr trafen wir dann Wilfried, unseren Wanderführer, der uns für den Rest der Woche bei allen Touren begleiten und uns viel Wissenswertes über die Umgebung erzählen sollte.
Unser erstes Ziel war das "Jägerhaus" in Bad Kohlgrub. Wir hatten 7 km Wegstrecke zu bewältigen, wobei der Weg mal hoch, mal runter durch Wiesen und Felder, durch den Ortskern und den Kurpark von Bad Kohlgrub und dann auf der anderen Seite wieder aus dem Ort heraus führte. Nach einer letzten Steigung wurden wir endlich mit kühlem Nass und auch etwas Festem für unsere Anstrengungen belohnt.

Pitschedabber beim Start am Morgen, vorne Wanderführer Wilfried mit Christine,, dahinter  Werner, Ede und die anderen im Kurpark Bad Kohlgrub , die Pitschedabber bleiben einen Moment stehen und hören dem Kurkonzert zu. Die Kapelle spielt in einer Konzertmuschel Bronzeskulptur im Kurpark: auf einem Stein liegt bäuchlings ein Mädchen und liest in einem Buch. Margit erkundet die Figur mit den Händen Wassertretbecken für Kneipp'sche Anwendungen, hier Wassertreten Wasserbecken für Kneipp'sche Anwendungen, hier Arme in kaltes Wasser legen im Biergarten der "Jägerhauses, die Pitschedabber sitzen alle an einem langen Tisch am Tisch im "Jägerhaus", vorne Margit, Achim, Werner, Gaby, im Hintergrund Josef

Nach der Rast teilte sich die Gruppe. Ein Teil nahm die Bahn, um zurück nach Altenau, einem Nachbardorf von Saulgrub zu fahren und die Unermüdlichen wanderten zu Fuß in Begleitung von Wilfried wieder zurück zum Hotel.
Aber auch die etwas Fauleren waren nach dem Aussteigen am Bahnhof noch nicht ganz zu Hause. Es galt noch einmal, 1,5 km Fußweg zu bewältigen.
Da das Hotel zwischen Saulgrub, Altenau und Wurmansau liegt, war es auch für die folgenden Tage immer notwendig, ca 1,5 km zur nächsten Bahn- oder Bushaltestelle zu gehen und nachmittags bei der Rückkehr natürlich auch noch einmal. So kamen wir täglich auf eine durchaus ansehnliche Kilometer-Leistung.
Wer noch nicht allzu k.o. war, gönnte sich gleich nach der Rückkehr einige Bahnen im Schwimmbad oder entspannte sich in der Sauna.
Nach dem Abendessen trafen wir uns alle im ehemaligen Klavierzimmer, da wir ein wenig unter uns sein und den Abend ohne die Akkustik des "Bierstüberls" verbringen wollten. Selbstverständlich wurden wir auch dort gut mit Getränken versorgt.
Mit der einsamen Ruhe wurde es nichts, denn bald holten Achim und Josef ihre Gitarren und wir alle schmetterten stundenlang Lieder aus allen Kategorien. Es war eine Super-Stimmung, die wohl auch auf andere Gäste überschwappte, denn es kamen immer mehr zu uns und beteiligten sich zum Teil sogar sehr gut an unserem Gesang.

die "Unermüdlichen" machen sich auf  den Heimweg, vorne Wilfried, Achim, Marc, Renate die "Fauleren" am Haltepunkt der Regionalbahn, vorne Günther, Silvia, Josef, hinten Heinrich, Gaby Regionalzug fährt ein auf dem Weg von Altenau zum Aurahotel, vorne Christine, dann Ingris S., Heinrich u.a. kleine Kapelle am Wegesrand das Schwimmbad die Gruppe im Bierstüberl

An den beiden folgenden Tagen waren wir mit der Bahn in Oberammergau, wanderten zur Ettaler Mühle, fuhren nach Grafenaschau und erfuhren von Wilfried, unserem Wanderführer, auf wunderschönen Wegen durch das Murnauer Moos viel Wissenswertes über die Moore der Gegend.
Überhaupt war es immer spannend, seinen interessanten und witzigen Erklärungen, Geschichten und Anekdoten zuzuhören.

die Pitschedabber auf einem Wanderweg entlang der Ammer Schrift auf der Hauswand "Ettaler Mühle" m Tisch in der "Ettaler Mühle": Ingrid S., Günther, Ingrid K., Willfried am Tisch: Rotraud, Heinrich, Manfred, Kristine u.a. am Tisch: Margit, Klaus, Ede, Achim Blick auf das Murnauer Moos, das größte zusammenhängende Moor in Mitteleuropa

Montag Abend war Sport angesagt und etwa 12 Interessierte ließen sich das Showdown-Spiel erklären und die meisten wollten es natürlich auch ausprobieren.
Showdown ist eine Mischung aus Tischtennis und Tischfußball, wobei es das Ziel ist, einen akustisch wahrnehmbaren Ball mit einer Holzkelle auf einer umrandeten Platte unter einem in der Mitte quer befestigten Brett in das Tor des Gegners zu schlagen.
Das Tolle an diesem Sport ist, dass sowohl Blinde oder Sehbehinderte, als auch Sehende miteinander spielen können. Jeder, der noch einen Sehrest hat, muss allerdings eine Augenbinde tragen, um gleiche Bedingungen für alle zu schaffen. Die Spielhand steckt in einem Handschuh, damit man sich an dem recht harten und schweren Ball nicht verletzt.
Vielen hat das Spiel einen solchen Spaß gemacht, dass sie es an weiteren Abenden der Woche noch mehrfach auf eigene Faust wiederholten.

Dienstag Abend gab es die Möglichkeit, im Kurhaus in Bad Kohlgrub ein echt bayerisches Bauerntheater nebst Schuhplattler zu bewundern. Immerhin zehn von uns hatten ihren Spaß daran.

Showdown-Platte, die Gruppe steht um ddie Platte herum, während Silvia die Regeln erklärt Regina mit Augenbinde beim Spielen Gaby beim Spielen. linke Hand im Handschuh Günther beim Spielen mit Augenbinde Silvia spielt mit Kristine, Blick auf die Platte Jugendgruppe beim Schuhplatteln Trachtenkapelle

Am Mittwoch legten wir eine kleine Wanderpause ein und fuhren mit einem gemieteten Bus in etwa eineinhalb Stunden nach Füssen im Allgäu. Unser Busfahrer erzählte viel über die Umgebung, so dass auch die Blinden und Sehbehinderten immer wussten, was es draußen zu sehen gab. Am Parkplatz angekommen, wurden wir bereits von Elisabeth erwartet, die uns in den nächsten zwei Stunden durch die wunderschöne Altstadt führen sollte.
Alles Sehens- und Wissenswerte vermittelte sie uns in sehr anschaulicher und kurzweiliger Weise, so dass wir voller neuer Eindrücke und zufrieden in der vorbestellten Gaststätte einkehrten.
Nach einer kleinen Stärkung hatten wir noch ein wenig Zeit, um die Gassen von Füssen auf eigene Faust zu erkunden, bevor uns unser Bus zum nahe gelegenen Forggensee brachte.
Dort teilte sich die Gruppe mal wieder und die eine Hälfte machte eine Schiffs-Rundfahrt auf dem Forrgensee, während die anderen sich lieber noch ein bisschen die Füße am See entlang vertreten wollten. Dieser Spaziergang fand seinen Abschluss mit einem leckeren Weißbier in einem Biergarten, direkt am Rand des Sees, wo wir die Ankunft des Schiffes der anderen beobachten konnten.

bei der Stadtführung in Füssen, die Gruppe hört der Stadtführerin zu kunstvoll gestaltete Wirtshaus- und Ladenschiulder in Füssen Blick vom Forrgensee auf Schloss Neuschwanstein Blick vom Schiff über den Forrgensee  auf die umliegenden Berge

Abends hatten wir es noch einmal mit einem See zu tun. Wir fuhren gegen 19:15 nach Bad Bayersoien zum gleichnamigen See, um dort den Sonnenuntergang zu genießen. Die Zuschauer standen oder saßen am Ufer und lauschten den Klängen zweier Flügelhörner, die von zwei Musikern in einem Ruderboot draußen auf dem See geblasen wurden.
Es herrschte eine ganz besondere Stimmung unter den Zuschauern, die sehr still und andächtig das Farbenspiel am Himmel und das Spiegelbild der untergehenden Sonne im See beobachteten, während romantische Melodien auf dem Horn geblasen wurden.
Bei nahezu völliger Dunkelheit ruderte der eine Spieler zum Ufer, während der andere "Amazing Grace" zum Abschied spielte. Das war schon sehr beeindruckend und bescherte so manchem eine Gänsehaut.

Blick über den nach dem Sonnenuntergang vom rötlichen Himmel rötlich gefärbten See auf das dunkle Ufer Zuschauer sitzend am Ufer, vorne Josef Zuhörer stehend am Ufer: Silvia, Ingrid S., Günther Zwei Mädchen in einem Boot auf dem See, die die Melodien ins Horn blasen Blick über den See nach Bad Bayersoien

Donnerstag und Freitag war nochmal Wandern angesagt und für manch einen sogar eine echte Bergtour.
Werners großer Traum ging in Erfüllung - er bestieg mit Wanderführerin Annegret den "Laber", einen fast 1700 m hohen Berg. Achim und Ede nahmen die Gelegenheit wahr und schlossen sich den beiden an, während das "normale Volk" auf wunderschönen Wegen in Bad Bayersoien rund um den See spazierte.

Ganz faul waren wir aber auch nicht, denn zumindest ein Teil der Gruppe fuhr nicht mit dem Bus zurück, sondern wanderte den Weg durch den Hexenpfad zurück in Richtung Saulgrub.
Unterwegs erhielten wir per Handy Nachricht von den "Bergsteigern", dass sie wohlbehalten wieder unten angekommen waren und sich beim "Dorfwirt" in Altenau mit dem ein oder anderen Weißbier für ihre Leistung belohnten.
Schließlich hatten wir selbst auch eine Belohnung verdient, also beschlossen wir, noch die Schleife über Altenau einzubauen und mit den anderen auf den Erfolg des Tages anzustoßen.

Gleich am nächsten - und bereits dem letzten Tag unserer Wanderwoche galt es schon wieder, einen hohen Berg zu erklimmen. Den Abschluss dieser Woche sollte das "Hörnle", der Hausberg von Saulgrub mit etwa 1550 m Höhe bilden.
Immerhin 7 von uns wagten den Aufstieg zu Fuß, was bedeutete, ca zwei bis zweieinhalb Stunden stetig bergauf zu wandern und mehr als 500 Höhenmeter zu überwinden.
Der Rest von uns nahm den gemütlicheren Weg und ließ sich im nostalgischen Sessellift langsam nach oben befördern. Die Bergstation der Bahn liegt auf einer Art Plateau, von wo aus man noch eine gute Strecke wandern kann, um schließlich einen der drei Hörnle-Gipfel zu erklimmen.
Nicht jeder hatte diesen Ehrgeiz, so teilten wir uns in Kleingruppen, die dann in verschiedene Richtungen loszogen. Manch einen zog es auch ohne Wanderung direkt auf eine große Terrasse, wo man sich mit Essen und Getränken auch die Zeit vertreiben konnte.
Irgendwann trafen wir alle wieder zusammen und bis auf wenige ganz Unermüdliche fuhren alle mit der Sesselbahn zur Talstation.
Diese Fahrt war wie ein Abschiednehmen von einer wunderschönen Woche. Wir schwebten dem Tal entgegen, unter uns grüne Wiesen mit Kühen und Schafen, hinweg über Baumwipfel hinunter zu einem Ort, von dem man von dort oben nur rote Dächer und einen Kirchturm sah. Zu unserer Begrüßung wurden dort extra die Glocken geläutet und mischten sich mit denen der Kühe, die nun schon ein Stück hinter uns waren.

Heinrich steigt mit Willfried auf den Sessellift der Lift schwebt durch eine Schneise im Wald nach oben, leere Seesel kommen entgegen die Pitschedabber stehen an der Bergstation und schauen auf das tief unten liegende Bad Kohlgrub der Weg über die Almwiesen zum Gipfel des Hörnle. Auf der Wiese liegen wiederkäuende Kühe. mit dem Sessellift geht es wieder hinunter, unter uns Bad Kohlgrub Silvia uns Ingrid steigen vom Sessellift an der Talstation ab


Am Abend wurde im Hotel für uns das "Bierstüberl" reserviert, so dass wir zünftig Abschied nehmen konnten. Das taten wir dann auch, denn die Pitschedabber können nicht nur gut wandern, vor allem können sie auch gut feiern!
Es herrschte eine entspannte Stimmung und wir alle hatten viel Spaß bei einigen lustigen Vorträgen, bei Gitarrenspiel und Gesang und es wurde bis spät in die Nacht hinein erzählt, gelacht und gefeiert.

Achim und Josef mit Gitarre im Bierstüberl im Bierstüberl beim Singen zur Gitarre, vorne Marc, Margit, gertraud u.a. Wanderführer Willfried im Bierstüberl Wanderführerin Annegret, Wilfrieds Frau

Am nächsten Morgen schafften es trotzdem alle, früh um 8 Uhr mit gepacktem Koffer und noch einmal gut gefrühstückt in den Bus einzusteigen, der uns zum Bahnhof in München-Pasing bringen sollte. Nach weiteren vier Stunden First-Class-Zugfahrt kamen wir dann glücklich und zufrieden nach Hanau zurück.

 

zur Übersicht über Berichte

zum Terminkalender

zu Neuigkeiten

zur Startseite